Donnerstag, 10. Januar 2013

Höllenritt ins Paradies oder Flussabenteuer

G`Day Mate!

Die Nebelberge
Am Tag vor Sylvester hieß es für mich leider Abschied von meinen Hosts nehmen, da ich vorhatte das neue Jahr in Queenstown, der Party- und Adrenalinhauptstadt der Südinsel zu begrüßen.
Also machte ich mich bei strahlendem Sonnenschein über den Lindis-Pass auf in das auf meinem Weg gelegene Tekapo am gleichnamigen See. Der Weg durch die weiten Ebenen allein, vorbei an Kühen und Schafen, mit Blick auf die schneebedeckten Gipfel der Southern Alps ist einen Trip wert, doch der Ausblick auf den himmelblauen See, der von nebelverhangenen Bergketten umgeben ist, ist noch viel beeindruckender.



Lake Tekapo
Nachdem ich mich durch die Massen an asiatischen Touristen, die die kleine, aber wunderbar gelegene Church oft he Old Sheperd, mit ihren Kameras festzuhalten versuchten, gelangte ich schließlich ans Seeufer, da mich die Farbe des Wassers wesentlich mehr faszinierte. Am ehesten lässt sie sich mit milchig-blau beschreiben, doch wird es ihr keineswegs gerecht. Diese faszinierende Färbung hat mit der Entstehung des Sees zu tun: Der Gletscher, der den Lake Tekapo speist, schabt feines Sediment ab, welches sich dann im Sonnenlicht bricht und diese unglaubliche Farbe entstehen lässt. Sobald das Hostel bezogen war ging es auf den nahen Mt John, der einen atemberaubenden Rundumblick über Gegend bereit hält. Zudem befindet sich auf seinem Gipfel die Sternwarte der Otago University sodass man von hier aus abends wunderbar Sterne beobachten kann, da extra für die Sternwarte die Lichtverschmutzung auf ein Minimum reduziert wird. Leider hatte ich hier kein Glück mit dem Wetter und musste am nächsten Tag unverrichteter Dinge nach Queenstown weiterziehen.

I am a  Mountaineer...

So war zumindest der Plan, doch ein paar Anrufe in Queenstown überzeugten mich, dass es beinahe unmöglich sei dort am New Years Eve eine Bleibe zu finden. Da meine Hosts so etwas schon befürchtet hatten, hatten sie mich auch gleich mit der passenden Lösung für dieses Problem losgeschickt: Sie hatten mir Wanaka, den kleinen Bruder Queenstowns vorgeschlagen, das sich um Neujahr von einem verschlafenen Dorf am See zu einem Menschen überladenen Partyzentrum verwandelt. Nachdem ich mir einen Weg durch den ellenlangen Stau im Zentrum gebahnt hatte, ging  es wieder einmal auf die Suche nach einem Hostel oder Campingplatz für die Nacht.
Doch auch hier war beinahe jedes Bett der Stadt belegt, sodass mich die Leute im I-Site wenig hoffnungsvoll zu einem Campingplatz ein wenig außerhalb Wanakas schickten. Hier hatte ich endlich Glück und schlug mein Lager auf. Abends fuhr ich in die Stadt um Party und Feuerwerk aus nächster Nähe anzusehen. Wieder einmal war mir das Wetter nicht wohlgesonnen und dick eingepackt fand ich mich als einer der ersten im neuen Jahr 2013 wieder. Wind und Regen die mich relativ schnell zurück in mein Auto trieben schienen der neuseeländischen Jugend, die in kurzen Hosen und Miniröckchen zu Livemusik hüpften, nichts anzuhaben.


Am nächsten Morgen hatte sich das Wetter leider immer noch nicht gebessert, sodass nach Sylvester auch noch meine für Neujahr geplante Wanderung ins Wasser fiel. So versuchte ich mir anderweitig die Zeit zu vertreiben und landete schließlich bei den Wastebusters, einem gut sortierten Schrotthandel/ Flohmarkt, wo ich mich mit fehlender Campingausrüstung eindeckte.
Da sich das Wetter in den folgenden Tagen doch noch zum Guten wandte, konnte ich schließlich meinen geplanten Gletscher-Walk machen.






Ich wollte auf einer 4stündigen Wanderung hinauf zum Rob Roy Gletscher, doch schon der Weg dorthin war ein Abenteuer: Um zum Startpunkt zu gelangen, muss man 30km unbefestigte Straße hinter sich bringen, was Mietwagen zum Beispiel schon nicht erlaubt ist. Die letzten zehn Kilometer der Straße sind von neun bis zu knietiefen Furten durchzogen, vor denen ich fast mehrmals den Rückzug angetreten hätte. Doch ein noch flacheres Auto, das mir unbeschadet entgegen kam, überzeugte mich schließlich doch. Am Parkplatz angekommen wirkte mein kleines Auto zwischen all den All-Rad Boliden und Jeeps dann aber doch unglaublich fehl am Platz.


Rob Roy Glacier


Nichtsdestotrotz machte ich mich auf den Weg. Ich überquerte den Matukituki auf einer extrem wackligen Hängebrücke nach der es steil bergan ging. Der harte Weg belohnte mich mit überragender Aussicht, doch ich fragte mich ob ich wohl einen der Keas zu Gesicht bekommen würde, deren Geschrei mich bei meinem Aufstieg begleitete.






I, Kea
Und ich wurde nicht enttäuscht: Während ich nach zweistündigem Aufstieg meinen Wegvorrat und den Gletscherblick genoss, flatterte plötzlich ein Kea heran. Die nächsten zwei dieser bis zu 50cm großen, alpinen Papageien, die nur in Neuseeland vorkommen, ließen nicht lange auf sich warten. Schließlich musste ich meinen Proviant verteidigen, doch die Keas schienen auch von Schnürsenkel und Ohrläppchen nicht abgeneigt.

Fast hätte ich die Zeit dort oben vergessen, doch der Gesang der winzigen Rainbirds, deren Gezwitscher Regen ankündigt, erinnerte mich daran, dass das Wetter hier sehr schnell umschlagen kann. Auf dem Heimweg führte mich die Straße schließlich noch an der Wetterspitze vorbei und am Abend sank ich erschöpft in die Federn.
Da das Wetter mir bisher einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, war für Freitag ein Rundflug zum Mt Cook sowie Fox- und Franz-Josef-Gletscher gebucht. Nachdem ich mich um halb sieben aus dem Bett gequält hatte, rief ich um acht Uhr noch einmal beim Veranstalter an, um mich zu vergewissern, dass der Flug auch tatsächlich stattfindet. Leider wurde mir mitgeteilt, dass die Wetterbedingungen nicht gut genug seien und der Flug gecancelt wäre.


Also machte ich mich früher als erwartet über die Crown Range auf nach Queenstown. Bei einem obligatorischen Panorama-Stopp auf dem Pass fielen mir ein merkwürdiger Geruch und leichte Rauchschwaden um mein Auto auf. Der darauffolgende Ölcheck, den ich erst eine Woche zuvor gemacht hatte und mit vollem Öl losgefahren war, ergab, dass sich das gesamte Öl verflüchtigt hatte.
Deshalb versuchte ich mich durch Ausschalten des Motors und Vermeidung jeglicher Motorhitze zur nächsten Werkstatt durchzuschlagen ohne den Motor komplett zu zerstören.


Schlammcamouflage
Nachdem dieses Kunststück gelungen und das Öl wiederaufgefüllt worden war, ging es endlich nach Queenstown. Dort erkundete ich die Stadt und genehmigte mir auf den Schock einen Imbiss bevor ich weiter  Richtung Paradise fuhr. Der Weg dorthin war jedoch wenig paradiesisch, da ich beinahe ohne Sprit irgendwo im Nirgendwo liegen geblieben wäre und mich mit den letzten Tropfen Sprit in eine winzige Tankstelle rettete. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen blieb ich, nachdem das Spritproblem gelöst war, noch in einer der zu durchquerenden Furten im Schlamm stecken und konnte mir durch die kräftige Mithilfe anderer Autofahrer befreien. Seitdem ist mein Auto Schlammcamouflage lackiert und wartet auf den nächsten heftigen Regen. Als ich in Paradise, eigentlich nicht viel mehr als eine Pferdkoppel, angekommen war und nach einem zweiminütigem Erkundungsgang zurückkehrte, musste ich mit Schrecken feststellen, dass ich mein Fenster heruntergekurbelt gelassen hatte und mein Auto nun einige neue Bewohner zählte: Ein blutgieriger Schwarm Sandflys wartete schon auf mich, doch ein in aller Eile aufgetragenen Mittel verhinderte das Schlimmste, sodass dieses Mal statt 80 nur mickrige zehn Bisse zu beklagen sind. Diese genügen jedoch um einen beinahe um den Schlaf zu bringen…



Nach diesem turbulenten Tag genoss ich den Abend auf einem DOC-Campingplatz (DOC=Department Of Conservation) in Kinloch am Ostufer des stillen Lake Wakatipu, vorallem die Beobachtung eines Reifenwechselversuch (auch ich versuchte mein Glück, aber der Reifen war festgerostet) war äußerst unterhaltsam und erst die brachiale Methode den Ersatzreifen dagegen zu werfen brachte den erwünschten Effekt.




Am nächsten Morgen machte ich mich bei wunderbarem Wanderwetter auf nach Greenstone, um die faszinierende neuseeländische Natur per pedes zu erkunden. Nach einer Flussüberquerung über eine Hängebrücke, scheint wohl in Mode zu sein, ging es vorbei an Schafen, den See zur Linken durch die Stille Fjordlands. Durch lichtdurchflutete Wälder führte mich der Weg um einen kleinen See herum. Dabei kam in mir die Idee auf einen mehrtägigen Wandertrip zu machen, doch das muss wohl noch ein wenig warten.






Wo bleiben die Ollifanten?!

Wieder am Parkplatz angekommen, machte ich mich auf ins Twelve Mile Delta, wo ich die Nacht auf einem Campingplatz direkt am See verbrachte. Nach dem morgendlichen, eiskalten Bad im See wanderte ich ein wenig durch die stille des Flussdeltas, das unteranderem Schauplatz für die Ithilien-Szenen im Herr der Ringe war, und versuchte mein Glück im Goldwaschen, doch außer kalten Füßen und nassen Hosen waren meine Goldwäscherversuche äußerst bescheiden.









Schließlich kehrte ich zurück nach Queenstown um mich frisch zu machen (DOC-Campsites haben in der Regel keine Duschen, und wenn nur frisch geschmolzenes Gletscherwasser), Wäsche zu waschen und die Akkus meiner Elektronika zu füllen.
Abends ging es dann auf ins Zentrum Queenstowns, wo ich einen Raftingtrip auf dem Shotover buchte und mich durch die ewiglange Schlange kämpfte um einen der begehrten Fergburger zu ergattern (wird meiner Meinung nach überschätzt). 




Am nächsten Morgen weckte mich mein Wecker um halb sieben, da ich um acht Uhr am Treffpunkt in Queenstown sein musste, wo uns der Bus abholte um uns zum Fluss zu bringen. Dort angekommen wurden wir schnell in Neoprenanzüge gesteckt, da der Shotover auch im Sommer eisig ist. Schließlich ging es zurück in den Bus, der uns zur Einsatzstelle brachte. Schon der Weg war ein Abenteuer: Gerade breit genug für den Bus, senkrechte Felswände auf der einen, abrupt ins Tal abfallende Felsüberhänge auf der anderen. Auf der Fahrt ließen sich einige Zeugnisse der Goldgräbergeschichte dieser Gegend erkennen, da der Shotover als „the richest river“ der Welt gilt und die Goldfunde hier den größten Goldrausch der südlichen Hemisphäre auslösten, der mehrere Tausend Menschen nach Arrowtown und die umliegenden Täler lockte. Heute sind die meisten Goldvorkommen erschöpft, der Tourismus hat ihren Goldwert eingenommen, doch noch immer lässt sich Gold in den Flussbetten finden. Nach einem kurzen Sicherheitsbriefing wurden wir auf die Rafts verteilt und schon ging es los. Im ersten Raft auf dem vordersten Platz machte ich bald Bekanntschaft mit dem eisigen Shotover und über  die Holy Mother, durch die Toilet und einige andere spritzige Stromstellen mit lustigen Namen ging es den Fluss hinab.

Schließlich hatten wir die Stromschnellen passiert doch bevor wir wieder festen Boden unter den Füßen spürten, ging es erst einmal durch einen stockfinsteren Tunnel um dann in einem spektakulären Finale durch die spitzen Felsen der Cascade zu rauschen. Dabei kenterten zwei der sechs Boote vollständig, während andere den Großteil ihrer Besatzung in den Fluten schwimmend wiederfanden.
Hinterher wärmten wir uns in der Sauna und der heißen Duschen wieder auf, bevor es zurück nach Queenstown ging.

Queenstown

Fazit:

  • Paradise ist mehr eine Pferdekoppel
  • Rafting ist lang nicht so spannend wie Wildwasserkayak
  • Keas leiden unter Geschmacksverirrung
  • Lake Tekapo ist hammer
  • Neuseelands Sternenhimmel ist einen Blick wert

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen